Greifswald

Partnerschaft für Demokratie

Mein Greifswald

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Plakat 8 Mein Greifswald

Die Versorgung der Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum und der öffentliche Zugang zu existentiellen Gütern, Leistungen und Bedürfnissen ist eine Kernaufgabe kommunaler Daseinsfürsorge. Daher fand am Tag der Wohnungslosen am 11.09. ein Austausch zum Umgang mit Wohnungsnotfällen in der Caritas Greifswald statt. „Menschen ohne Wohnung leben am Rand der Gesellschaft und haben keine Möglichkeit zur Beteiligung. Das Recht auf Wohnen muss umgesetzt werden.“


Das mit den Mieten würde ich mir auch wünschen, dass sich das ändert. Dass da ein Umdenken stattfindet, dass sich jeder Wohnraum leisten kann, auch mit einem kleinen Budget, das würde ich mir schon wünschen, weil mich das so richtig stört, wie es jetzt momentan ist.


Tja, nach 21 Jahren – ich hab eben schon gesagt, dass ich nirgendwo solange gelebt habe wie hier in Greifswald – hab ich mir hin und wieder die Frage gestellt, bin ich hier eigentlich angekommen. Bin ich jetzt Greifswalderin? Oder was muss ich tun, um das eventuell zu werden? Oder um es eventuell auch mehr zu werden, als ich das bisher vielleicht bin. Und da fängt die Irritation an. Wie oft habe ich gehört nach irgendwelchen Gesprächen die ich führe, oft zu sehr intensiven Themen, die auch unter die Haut gehen: Du bist aus dem Westen? Das hätten wir jetzt gar nicht gedacht, also du bist doch ganz nett.

Ich mag diesen Satz nicht. Er verletzt mich, weil er einfach zeigt, dass Bilder in den Köpfen sind von denen die aus dem Westen kommen, von denen ich nicht ganz genau weiß wie sie zu sein haben, diese Menschen, die hinter diesen Bildern stecken. Ich kenn die Bilder in den Köpfen der anderen nicht. Ich weiß es einfach nur, dass ich seit 21 Jahren versuche hier dazuzugehören. Nicht nur dazuzugehören, sondern hier auch mich einzubringen und hier was zu tun. Ich möchte hier leben und ich möchte mich hier einbringen, ich möchte hier was verändern und was machen und ich möchte irgendwann diesen Satz nicht mehr hören: Du bist doch eigentlich ganz nett, obwohl du aus dem Westen kommst.


Ich erzähl doch mal wie das so hier angefangen hat, weil wie gesagt ist ja jetzt ein viertel Jahrhundert her. Also ich hab am Anfang sehr gehadert mit der ganzen Region ich würde das jetzt mal gar nicht an Greifswald festmachen. Ich muss dazu sagen dass ich in dem Wendejahr aus Amerika zurückgekommen bin, nach einem einjährigen Studienaufenthalt, dann also grade mal kurz irgendwie hier war, dann kam die Wende, dann hab ich noch ein bisschen weiter in Hamburg studiert und auch mein Referendariat gemacht. Und da, diese ersten Erfahrungen mit Bewerbungen hier die war also schon äußerst spannend, ich weiß noch ich habe, ich bin ja Sonderpädagogin, in der Gehörlosenschule in Puttbus angerufen und habe gefragt ob es denn eine Möglichkeit gebe, weil da war ich auch noch so naiv, dass man von Greifswald nach Puttbus täglich fahren könnte, wäre dann doch ein bisschen umständlich gewesen, aber egal und der Schulleiter sagte mir dann so, ne ne also ne Stelle hätten sie nicht und für nen Wessi natürlich sowieso nicht, ne das war so das erste.

Dann aber habe ich einen sehr netten Schulleiter in Stralsund kennengelernt, der mich quasi mit offenen Armen empfangen hat und dann war das beruflich super, ich habe also 14 Jahre in Stralsund gearbeitet in ner Schule und da war wirklich in diesen ersten Jahren, also ich bin 94 gekommen und danach da hatte ich das Gefühl da bricht wirklich ne Welle los da war so viel möglich, wir haben so viel da angefangen, das hat so viel Spaß gemacht, dass ich selbst meinen ganzen Hamburger Freunden und Freundinnen immer erzählt habe das ist super top hier.

Das hat sich leider ein wenig geändert diese Euphorie die damals einfach war in den Schulen ist meiner Meinung nach vollständig zusammengebrochen und darum bin ich einfach jetzt so ein bisschen zwiegespalten also ich bin nach wie vor total gerne hier ich glaube eigentlich auch nicht dass ich hier jetzt weggehen will und ich finde auch das Greifswald sich so zum positiven verändert hat. Es gibt so einen Film der ist glaube ich so 95 aufgenommen wurden vom Marktplatz und umliegende, wenn man den heute sieht dann denkt man echt das gibt es gar nicht, das ist wirklich, das ist so ein Unterschied, rein von der Farbigkeit, aber auch von den Gebäuden. Allein wie die Stadt sich entwickelt hat wie, auch wie viele junge Leute hier immer mehr hingezogen sind, junge Familien und so weiter also das ist wirklich für mich ein absolut lebenswerter Ort.

Ich war jetzt grade in Weimar, also ich finde viele gerade ostdeutsche Städte total reizbar und ich bin dann auch immer schwer erschüttert teilweise wenn ich in den Westen fahre und teilweise da Städte sehe wie Duisburg zum Beispiel, gutes Beispiel, oder auch Dortmund oder auch so überhaupt Ruhrpott das finde ich ganz besonders und dann frage ich mich einfach wieso fühlen sich Leute die hier leben abgehängt, wenn und da habe ich jetzt gerade die beiden letzten Landtagswahlen im Kopf, ne, wieso gibt es so dieses Phänomen, dass ganz viele sagen wir sind doch die abgehängten, wir werden nicht gehört und überhaupt es ist alles schlecht und scheußlich bei uns, ähm wenn ich mir teilweise dann so was angucke und natürlich auch nicht nur das Aussehen der Städte, weil ich weiß dass es da natürlich auch keine Arbeit gibt und all diese ganzen Dinge. Und darum kann ich das nicht verstehen, ich hab irgendwie gedacht wir hätten das alles schon längst überwunden und ich sehe, also ich persönlich kann mir diese Frage nicht beantworten und das macht mich so ein bisschen traurig also weil ich eigentlich denke, ne wir hätte diese Ost-West-Diskussion überwunden … Aber irgendwie gibt es das immer noch, aber ich weiß nicht so richtig warum und das ist so ja, das was mir dazu einfällt. Aber trotzdem mag ich Greifswald sehr.